Einzelfallspezifische Vorgehensweise

 

Ein psychologisches Gutachten stellt eine Arbeit dar, in der die Sachverständigen nach einer streng wissenschaftlichen Methodik vorgehen. Auf Basis der richterlichen Fragestellungen werden psychologische Fragen (=Hypothesen) hergeleitet. Diese stehen in Bezug zu psychologischen Kriterien, die sowohl die Erziehungsfähigkeit der Eltern, als auch das Kindeswohl abbilden. Somit fungieren psychologische Fragen als Steuerungs- und Gliederungsmotor der Untersuchungsplanung und werden im Befundteil des Gutachtens beantwortet. Zudem dienen sie der Transparenz und Prüfbarkeit des gutachterlichen Prozesses und somit auch der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit des Befundes (z.B. Westhoff & Kluck, 2014).

Ein Kernmerkmal unserer Arbeitsweise besteht darin, dass wir nicht nur Kriterien der Erziehungseignung und des Kindeswohls überprüfen, sondern auch einzelfallspezifische Variablen bzw. Faktoren, die mit diesen Kriterien in Zusammenhang und/oder Wechselwirkung stehen und Auswirkungen auf diese aufweisen können. Hierzu leiten wir einzelfallspezifische Risiko- und Ressourcenmodelle mittels psychodiagnostischer und/oder testpsychologischer Erhebungsmethoden der Risiko- und Schutzfaktoren her (vgl. Castellanos & Hertkorn, 2016; Körner & Heuer, 2014).

Als Risikofaktoren werden jene Faktoren bezeichnet, die sich z.B. negativ auf die erzieherischen Ressourcen und/oder auf das Kindeswohl auswirken können. Als Schutzfaktoren hingegen gelten jene Faktoren, die dazu beitragen, das gesamtfamiliäre System (oder den Einzelnen) zu stabilisieren.

Um diese akkurat gewichten zu können, werden spezifische und erweiterte Kenntnisse aus den verschiedensten Bereichen der Psychologie (z.B. Klinische Psychologie, Ethnopsychologie, Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie etc.) benötigt. Die Verknüpfung mit dem aktuellen Wissenschaftstand der Rechtspsychologie erfolgt wiederum auf der Grundlage empirisch gesicherter rechtspsychologischer Erkenntnisse über die Zusammenhänge, Wechselwirkungen und Auswirkungen der oben genannten Risiko- und Schutzfaktoren mit der Erziehungseignung und dem Kindeswohl.

 

Beispiel: Psychische Störung eines Elternteils

Das Vorliegen einer psychischen Störung allein besagt noch nichts über die allgemeine Erziehungsfähigkeit eines Elternteils (z.B. Castellanos & Hertkorn, 2016). Gleichwohl kann eine psychische Störung - je nach Symptomatik und Ausprägung - Einfluss auf die Erziehungsfähigkeit aufweisen, z.B. auf die elterliche Feinfühligkeit (Plattner, 2017).

 

Beispiel: Frühe Mutterschaft

Ein belasteter biografischer Hintergrund jugendlicher Mütter stellt einerseits zunächst ein Risikofaktor für die Entwicklung ihrer Kinder dar (z.B. Kindler et al., 2006), andererseits sind aus entwicklungspsychologischer Sicht Nachreifungsprozesse möglich, die mit einem Zuwachs an Eigenständigkeit und Verantwortungsübernahme einhergehen können. Diese wiederum können die gesamte Lebenssituation stabilisieren und somit als Schutzfaktoren in die Betrachtung einbezogen werden (vgl. Lengning & Winkelmann, 2014).

Der Vorteil eines solchen einzelfallspezifischen Vorgehens ist, dass gerichtliche Fragestellungen präzise beantwortet und konkrete Interventionsansätze hergeleitet werden können: Im Fallbeispiel zur psychischen Störung können spezifische Maßnahmen zur Stabilisierung empfohlen werden, welche sich an der Symptomatik und deren Ausprägung orientieren. Des Weiteren ergeben sich Interventionsmöglichkeiten für ebenjene Bereiche der Erziehungseignung, welche durch die Symptomatik beeinflusst werden (Empathie & Perspektivübernahme etc.). Im Fallbeispiel zur frühen Mutterschaft ergeben sich Ansätze zur Förderung, Unterstützung und Begleitung der Nachreifungsprozesse.

Unsere Vorgehensweise ist einerseits streng methodisch, indem sie sich an Wissenschaftsstandards orientiert und die Herleitungen mit logischer Stringenz verfolgt. Andererseits werden die erhobenen komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen etablierter Risiko- und Schutzmodellen praxisnah und einzelfallspezifisch evaluiert, um in der gutachterlichen Schlussfolgerung eine möglichst präzise Beantwortung der richterlichen Fragestellungen zu gewährleisten.


Leona Irani | M.Sc. Psychologie

 

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